Neugestaltung des Spielbudenplatzes

Erläuterungsbericht aus dem Ideenwettbewerb 2004

Bauklötze im öffentlichen Raum.

Dieser Gestaltungsentwurf beruht einerseits auf einer einprägsamen, klar identifizierbaren visuellen Sprache und soll andererseits die Assoziation des Spielerischen und Wandelbaren vermitteln. Grundlage ist eine Art Baukastensystem in den drei Grundfarben rot-gelb-blau, dessen Grundelement ein Würfel von 2,10 m Kantenlänge ist. Das Maß von 2,10 m liegt auch dem Raster des vorgesehenen einfarbigen Bodens zugrunde. Die bewußt einfachen Formelemente sind am Repertoire von Bauklotzkästen für Kinder orientiert. Dass diese Formen auf dem Spielbudenplatz in lebensgroßem Maßstab erscheinen, lässt einen Verfremdungs- und Verzauberungseffekt à la Alice in Wonderland entstehen, verbunden mit einer theater- und bühnenhaften Wirkung. 

Die bunten, kubischen Skulpturen, mit denen das Areal gleichsam möbliert wird, spielen ironisch auf manche „Stadtmöblierung“ mit Kunst im öffentlichen Raum an, bilden aber gleichzeitig und vor allem ein funktionierendes, praktisch nutzbares Architekturensemble. 

Wie schon im 19. Jahrhundert sollen auf dem Spielbudenplatz wieder „Buden“ stehen, sie bestehen aus wetterfestem Kunststoff und leuchten ,bzw. schimmern von innen. Die verschiedenen Baukastenelemente ,wie Würfel, Säule und Spitzdach lassen sich unterschiedlich kombinieren und so entstehen unterschiedliche Räume, Gebäude und Situationen. Die Bauten, deren Höhe maximal in etwa die Dachkante der Häuserzeile am Spielbudenplatz erreicht, sind trotz ihrer festen Installation prinzipiell variier- und erweiterbar. Der Eindruck des Temporären und Provisorischen entspricht dem intendierten spielerischen Gesamtcharakter. 

Auch mit ihrer Irritation des Maßstabs erinnern die Buden an die fiktionalen Architekturen in Landschaftsgärten des 18. und 19. Jahrhunderts, aus denen die modernen Freizeitparks entstanden sind. Als Vergnügungsmeile ist die Reeperbahn eine Art Freizeitpark, der aber momentan nur nachts wirklich lebendig ist. Auf eine Garten- oder Parksituation, wie sie in diesem dicht bebauten urbanen Umfeld nicht vorhanden ist, nur in mittelbarer Nähe mit den Wallanlagen, spielen die zahlreichen blumenförmigen Beleuchtungslaternen sowie ein ebenfalls von innen heraus leuchtender Brunnen an. Diese Gestaltungselemente unterstreichen das Spiel mit dem Maßstab sowie die leicht märchenhafte Verfremdung, die dem Gesamtensemble zugrundeliegt.

Die vor allem tagsüber verödete Situation des Spielbudenplatzes soll sich in eine umfassend begehbare Flaniermeile verwandeln. Die das Terrain durchschneidende Straße , parallel zur Reeperbahn, weicht zugunsten einer einheitlichen Platzebene direkt bis an die Häuserzeile heran. Der neben der Fahrbahn der Reeperbahn deutlich erhöhte Platz ist eine Art Präsentierteller, eine Bühne, ein Ort, der die vielschichtige Öffentlichkeit gleichermaßen anziehen soll: die unterschiedlichen sozialen Gruppen der auch in ihrer kulturellen Herkunft sehr differenzierten Anwohnerschaft, das Wochenend-Ausgehpublikum aus der Region sowie die zahlreichen Touristen aus aller Welt. 

Die Buden können von unterschiedlichsten gastronomischen oder geschäftlichen Anbietern genutzt werden, aber auch von Institutionen, individuellen Personen oder kulturellen Vereinigungen, die sich hier darstellen möchten.

Es können öffentliche Trailer für Veranstaltungen umliegender Clubs und Theater dargeboten werden. Auch das klassische Kobern, das Hineinlocken von Passanten in die Etablissements des Rotlichtmilieus, könnte mit seinem herben Charme hier einen neuen Ort finden.

Ein öffentlicher Platz ist jedoch nicht mehr zeitgemäß, wenn er nicht auch die Präsenz virtueller Öffentlichkeit einbezieht. Eine 4,2 m x 6,3 m große Videoleinwand am westlichen Endes des Platzes kann von kommerziellen Anbietern wie von den Clubs und Theatern in St. Pauli für Werbung ,Ankündigungen und Präsentationen genutzt werden, aber auch ein Forum für jedermann / frau und speziell für die Bewohner des Stadtteils St. Pauli sein. Zusätzlich soll man sich mit Sms oder Chat-Nachrichten in der Öffentlichkeit melden oder zeigen können, was eine spielerische Ebene des virtuellen Flanierens hinzufügt. An die Videoleinwand soll an ein Medienlabor gekoppelt sein, das direkt am oder in unmittelbarer Nähe zum Spielbudenplatz angesiedelt ist und für die kontinuierliche Verwaltung der Präsentationen sorgt. 

Der Spielbudenplatz wird so zum materiellen und immateriellen Spielplatz für Menschen unterschiedlichen Alters und gleichzeitig wieder eine Nutzung erfahren, die seinem Namen gerecht wird. Sie soll einen wirtschaftlichen Aufschwung des Stadtteils unterstützen, sowie die touristische Qualität niveauvoll und langfristig steigern. Die Intention des bewußt auf flexible Nutzung angelegten Entwurfs zielt dabei bewußt auch auf Angebote, die sich an die Bedürfnisse der derzeitigen Bewohner St. Paulis richten und damit auch eine tagsüber attraktive Adresse bilden. Der Spielbudenplatz soll kein Fremdkörper in seiner Umgebung sein, sondern als skulptural-architektonisches Ensemble ein konzentriertes Forum für die vielfältigen Personengruppen herstellen, die sich dauerhaft oder zu gezielten Anlässen in St. Pauli aufhalten. 

Materialien: 

Bodenbelag – Beton, schariert, poliert

Baukörper – Kunststoff hinterleuchtet

Lampen –  Mast, Stahl, Blüte, Glas selbst leuchtend

Videoscreen (Leuchtdioden)

English Version

Hier ist die englische Übersetzung deines Textes:


Redesign of Spielbudenplatz

Explanatory Report from the 2004 Ideas Competition

Building Blocks in Public Space

This design concept is based, on the one hand, on a distinctive and clearly recognizable visual language, and on the other, aims to evoke associations with playfulness and changeability. At its core lies a kind of modular system in the three primary colors—red, yellow, and blue—whose basic unit is a cube measuring 2.10 meters on each side. This dimension also defines the grid of the proposed monochrome ground surface. The intentionally simple form elements are inspired by the building block sets for children. The fact that these shapes appear on Spielbudenplatz at life-size scale creates a sense of alienation and enchantment à la Alice in Wonderland, combined with a theatrical and stage-like effect.

The colorful, cubic sculptures, which effectively furnish the area, play with irony on certain examples of “urban furniture” as public art, while at the same time forming a functional, practically usable architectural ensemble.

As in the 19th century, “booths” are once again intended to populate Spielbudenplatz. Made of weather-resistant plastic, they glow or shimmer from within. Various modular elements—such as cubes, columns, and pitched roofs—can be combined in different ways, resulting in diverse spaces, buildings, and situations. The structures, whose height reaches at most the roofline of the adjacent buildings along Spielbudenplatz, are permanently installed but fundamentally adaptable and expandable. Their temporary and provisional appearance aligns with the intended playful overall character.

With their scale-bending effect, the booths also recall the fictional architectures of 18th and 19th-century landscape gardens, from which today’s amusement parks evolved. As an entertainment mile, the Reeperbahn can be seen as a type of amusement park that currently only truly comes alive at night. The numerous flower-shaped light fixtures and an internally illuminated fountain reference a garden or park atmosphere—something absent from this densely built urban area, aside from the nearby Wallanlagen park. These design elements emphasize both the play with scale and the slightly fairy-tale-like alienation that underlies the entire ensemble.

The currently desolate daytime condition of Spielbudenplatz is to be transformed into a vibrant promenade. The road that cuts through the site—running parallel to the Reeperbahn—will be removed in favor of a continuous plaza that reaches right up to the building line. Elevated significantly above Reeperbahn street level, the plaza becomes a kind of stage or display platform, a place meant to attract the broad and diverse public: the varied social groups of the culturally heterogeneous local residents, weekend visitors from the region, and the many tourists from around the world.

The booths can be used by a wide variety of gastronomic or commercial vendors, as well as by institutions, individuals, or cultural associations who wish to present themselves here.

Public trailers for nearby clubs and theater events can be shown here. Even the traditional Kobern—luring passersby into the establishments of the red-light district—could find a new setting here, with its rough charm.

However, a modern public square is no longer complete without incorporating virtual public presence. A large video screen (4.2 m x 6.3 m) at the western end of the plaza can be used for advertisements, announcements, and presentations by commercial providers as well as clubs and theaters in St. Pauli. At the same time, it offers a platform for everyone, especially for local residents of St. Pauli. People can also use SMS or chat messages to interact publicly, adding a playful dimension of virtual wandering. A media lab is to be connected to the video screen, located directly on or near Spielbudenplatz, responsible for managing the ongoing presentations.

In this way, Spielbudenplatz becomes both a physical and immaterial playground for people of all ages, once again living up to the meaning of its name. It aims to support the district’s economic revitalization and sustainably enhance its touristic appeal. The intention of this flexibly designed concept explicitly includes offerings that cater to the needs of current St. Pauli residents, making the square an attractive daytime destination. Rather than being an alien element in its surroundings, Spielbudenplatz is intended—through its sculptural-architectural ensemble—to create a focused forum for the many diverse groups who either live in or visit St. Pauli.


Materials:

  • Ground surface – Concrete, bush-hammered, polished
  • Structural elements – Backlit plastic
  • Lamps – Steel mast, glass blossom, self-illuminating
  • Video screen – LED display

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